Mein Meer

Ich habe heute morgen gedacht, ich möchte das Meer sehen. Ich fuhr los und behütete für Stunden die Vorfreude in mir. Wie ein Kind lief ich die letzten Meter zum Strand, Sandalen an der Hand baumelnd. Durch die Dünen lief ich und über den Hügel, hinter dem es sich auftat: mein Meer. Seit dem Morgen hatte ich es in mir getragen und keinen seiner türkisen Tropfen, kein Wölkchen Schaum verloren. Nun stürzte ich in seine Wellen, durchnässte den Rock und spürte, wie seine frechen Spritzer zwischen meine Schenkel tasteten. Der Schlüpfer klebte, als ich erschöpft aus den Fluten watete. Ich zog ihn aus und schnippte ihn mit dem großen Zeh in den Seetang, wo er sich zwischen das Strandgut rollte. Ich fiel in den Sand. Zog mir den Rock über das Gesicht und breitete die Arme aus. Reste des Meeres troffen aus dem Saum auf meine Lippen. Salziger Sand. Ich lächelte. Zog die Knie an meinen Körper und öffnete ihn zum Meer. Auch mein Geschlecht hatte Salz geleckt. Es brannte vor Durst. Ich strich seine Lippen auseinander bis an den sandigen Po. Es kitzelte und mir fielen unsere Kinderfotos ein, auf denen wir mit brauner Haut und bleichen Haaren Sandburgen bauten. Ich spürte die Wellen in mir, wenn ich die Lippen berührte. In der Tiefe entstand die Brandung und spülte den Schaum an Land, rollte aus auf dem weichen sandigen Hügel. Seetang und Muscheln und silbernes Holz. Ich erreichte die Kuppe am Eingang zum Meer. Setze mich zu den Möwen auf die Sandbank zwischen den Wassern; seicht und warm auf der einen, tief und zerwühlt auf der anderen Seite. Ich ließ den Schlamm durch die Finger gleiten und rieb ihn mir in das Haar. Feuchtigkeit erfüllte mich von der Stelle, wo ich saß. Das Meer glättete Steine und Muscheln. Ich tauchte hinein bis zu den Wirbeln, die seinen Boden heraufwühlten. In der Schwebe löste sich der Grund und trübte meine Sicht. Erblindet und matt schwenkten mich die Wellen der Meerestiefe: Vor und zurück, vor und zurück, wieder und wieder. Meine Finger glitten tiefer und tiefer. Der Wind frischte auf und trug Schaum auf die Wellen. Den spien sie wilder und wilder an Land, durchspülten den Seetang und ebbten zurück. Sie rauschten und brachen bald über den Strand, mein nasser Leib trieb auf ihnen dahin. Sie bäumten sich weiter und weiter und höher, es bebte die Tiefe und schäumten die Spitzen. Ich stöhnte, die Schaumkronen um mich verschmolzen, ich kam und mein Meer, es warf mich an Land.

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