wer raketensilos in kirchtuerme integriert, hats mitunter schwer, die dinger im dorf zu behalten.

Es käme ein Schlauberger des Wegs, der würde sein Genie an die Gegensprechanlage schlagen und verkünden, wie die Gefühle maßlos überbewertet wurden in einer Zeit, da die Genusssucht die kühlen Köpfe dahinraffte. Ein zweiter würde Glück und Leid in eine objektivierbare Messgröße fassen und beweisen, dass, Gesetz der großen Zahlen, eine emotionale Erhaltungsgröße existiert, die als Summe über Liebe und Hass, Krieg und Frieden oder Glück und Leid geschrieben werden kann. Er würde nicht wagen, seinen Satz von der Liebeserhaltung Gott zu nennen, obschon er sicher sagen könnte, das beschriebene Prinzip sei in und um jeden empfindenden Menschen, es verbinde sie und quantifiziere die Dynamik der sozialen Interaktion: Wer nach Glück strebte, verursachte Leid, wer aufstieg, brachte den nächsten zu Fall und wer sich in den Mittelpunkt vorkämpfte, drängte wieder andere an den Rand.

Die Esoteriker brächen in Jubel aus, denn sie hätten diese Energie als erste gespürt. Vorbei die Zeit, in der sie ein Nischendasein führten, milde verkannt und schief belächelt. Nur noch eine Frage der Zeit war es, bis man mit der Geisteskraft Wasser kochte und die vereinigte Genomsequenz ins All hinaus funkte, auf dass die Menschenheit neu erstand, Lichtjahre entfernt, in einer besseren Welt. Wissenschaftler würden sich die bis an die Zähne ausfinanzierten Mäuler zerreißen über dem angebrochenen Denkzeitalter, die Philosophen kämmten ihre Geheimratsecken fortan in die entgegengesetzte Richtung und die Häupter der Gläubigen täten das ihre, um den Leib vor der feindlichen Strahlung zu schützen.

Behielte der Schlauberger Recht, so müsste seine Erhaltungsgröße am Ende der Welt ins Negative ausschlagen, um die Vorstöße jener Pioniere auszugleichen, die das gewonnene Wissen zum Wohl der Menschen anwenden wollten. Selbstloses Öl flösse auf die Mühlen derer, die da Gleichheit predigten, und das Heil läge nicht länger im Sieg von Gut über Böse, sondern im Augleich aller Spannungen der Welt.

Eines Tages träfe der Schlauberger, nun gebührlich anerkannt, gefragt und ausgezeichnet, zwischen den gestärkten Bettlaken eines Flughafenhotels das Nichts. Gedämpftes Licht schimmerte gegen das schwarze Fenster, unter dem sich die Lichterstreifen der Autobahn in die nahe Stadt ergossen, und er würde die Leere spüren, so unverhofft, wie er einst erkannt hatte, dass man die Grundannahmen der Physik auf geistige Phänomene übertragen konnte. Auf den folgenden Konferenzen nähme er an, sein progressiver Geist addiere sich mit den empfangenen Ehren zu Null, gedämpft oder gemittelt strebe sein Denken in jenes Kräftegleichgewicht, das er beschrieben hatte und das er demnach als Leere empfand. Doch tief in ihm fräße das Nichts die Größe, deren Existenz er bewiesen hatte.

Da klatschten sie ihm Beifall mit ihren artigen Ponys und hohen Stirnen, während sein Erhaltungssatz in die Schublade wanderte, zu den anderen, bis ihn ein findiger Tüftler zum Bau umweltfreundlicher Autos heranzöge. Was unter seinen freien Gedanken das Miteinander neu entfaltete, lag niedergeschrieben wie eine gestrandete Qualle auf dem Seziertisch und hauchte sein Leben aus.

Unwirklich erschiene dem Schlauberger die Welt, die er bis zu diesem Punkt als selbstverständlich erlebt hatte. Er würde ängstlich darauf verzichten, diese Entwicklung einer gigantischen Wissensunschärfe zu unterstellen, denn die Leere in ihm wüchse mit jeder neuen Bahn, die seine Gedanken brechen wollten. Ein dritter Schlauberger träte dankbar in seine Fußstapfen.

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