Donnerstag, 4. Dezember 2008

geiles wort

stahlgewittergrau

herr keuner und die gewalt

einmal klopfte die gewalt an herr keuners tuer. sie befahl, eingelassen zu werden und drohte: "wirst du mir dienen?" herr keuner erschauderte, fasste sich jedoch, bezog das bett und deckte den tisch. sieben lange jahre las er der gewalt jeden wunsch von den lippen ab, so dass sie nicth den leisesten grund zur klage hatte. seine wuensche aber stellte er hinter die der gewalt zurueck. eines tages starb die gewalt. herr keuner trug ihre ueberreste hinaus in den garten und vergrub sie unter dem kirschbaum. wie er die letzte erde auf die grube geschippt hatte und sich die schmutzigen haende rieb, entfuhr ihm ein befreiendes "nein", wonach er in das haus zurueckkehrte, ohne sich umzusehen. (nach b. brecht)

im mai habe ich getraeumt, dass mein vater stirbt. ich schaeme mich nicht zu sagen, dass es ein schoener traum war.

ich habe gerade gelesen, dass frau muehe kuerzlich beide eltern verloren hat (ihr vater war der oscar stasi fuzzi in das leben der anderen). ich frage mich gerade, ob sie nun trauert oder nicht viel freier ihrer arbeit nachgehen kann.

man soll niemandem den tod wuenschen. wie man sowieso niemandem wuenschen soll, was man sich selbst nicht wuenscht. es gibt da wohl so erahnbare mechanismen, die das, was man an dem verhassten ausmerzen will, durch den hass in sich selbst installiert.

gewalt, zum beispiel.

dennoch gehoere ich selten zu jenen auserwaehlten, die ueber ihren schatten springen koennen. ich muss weiterueben.

Mittwoch, 3. Dezember 2008

novemberkind

haben wir den schlimmsten monat hinter uns. ich fand ihn nicht anders als die anderen, gut, grau und verregnet, geht man eben schwimmen und trinkt tee. von wegen jahreszeitlich bedingte verstimmungen. man redet zuviel, und sich zuviel ein.

novemberkind kehrt seinen dreck in die ritzen zwischen hop oder flop, an oder abgesagt, selbstlos oder opportun. novemberkind draengt dumpf auf die wahrheit und setzt seine unterlippe sinnlicher in szene, als irgendwer sonst das koennte.

yuri schweigt. er hat seine liebe verkauft fuer ein leben, das ohne diese liebe leblos ist.

ueber allem das land, malchow, konstanz, die welt. deutsche tristesse, und nur der transit pulsiert gleichmaeßig, bis in das feinste kapillarengeflecht.

"transitshit", kommt es mir unwillkuerlich ueber die lippen, wenn ich wieder an der leitplanke stehe, in meinem magen grummelt aufbruchstimmung und ein laecheln erfuellt mein gesicht, das unter den augen abschneidet, so als truege ich kilometerweit grenzbrache in mir.

die wagen mit ihren fernen zielen, das sind verlaessliche freunde, sie teilen den weg fuer eine strecke und stellen keine tieferen fragen.

der professor luegt so schlecht wie er spielt, und waere es nicht um seine beruhigende stimme, sein mittvierziger maskenbildner ziselierter wollmantelcharme waere tilgbar, ohne den film im mindesten zu schwaechen. doch einer muss auch die luege spielen.

alexander hat sich verrechnet: das verschmutzt und zerknitterte seidenband riss nicht unter dem neuen lack. vielmehr legte es sich zur schlinge in all der verwirrung, unbemerkt.

nun ist es dezember. das wasser friert in dem freibad und der alte wachturm des bademeisters starrt leer in die binsen. wer jetzt hier badet, vergisst fuer einen kurzen moment den winter unter seiner weißen haut und spuert eine nie gekannte hitze in sich aufsteigen.

novemberkind weiß das. sie hat mehr gesehen, als ein sensationssuechtiges publikum hinter den identitaetsbildenden schlagbaeumen vermuten kann.

und weiterhin setzen sie zaeune, novemberkind stirbt nicht aus.

Montag, 1. Dezember 2008

Das Wort zum Montag.

Aufschreiben, was aufgeschrieben werden muss, denn aufgeschrieben muss es werden, wo kämen wir da hin, wenn man nicht aufschriebe, was aufgeschrieben werden muss, das wäre inkonsequent und in einem Maße ungehörig, dass es dem Fass die Schuhe auszöge, käme dieses nicht barfuß des Wegs.

Dinge geschehen und scheren sich gemeinhin nicht darum, wie wir sie wahrnehmen, bezeichnen und dokumentieren. Sie sehen sich wahrscheinlich nicht einmal als Dinge, weil ihnen doch der nötige Apparat zur Selbstreflektion fehlt. Lucky them. Und sie wissen nichts von ihrem Glück.

Wir aber wissen sehr wohl oder geben vor oder bilden uns ein, jedenfalls wissen wir eigentlich, wie es geht mit dem Glück, auch wenn das Verkettung ungünstiger Umstände geschuldeten Umständen meistens schief – na ja - geht, das ist ja nicht unserer Schuld, und, so habet zum Zeichen, schätzt eine präzise Fehlerrechnung den Vertrauensbereich des Milchmädchens auf Mitte dreißig.

Jedenfalls wissen wir. Und das muss man aufschreiben, denn Wissen, das nicht herniedergeschrieben, wem nützt, der nicht sprechen, versteht, aber niemanden einlässt in die Schatzkammer seines umsichtigen Geistes, der unter dem Gerümpelhaufen leise fluchend seine Wunderlampe nicht findet und deshalb unter akutem Schlafmangel leidet?

Mir nicht. Auf allen Märkten tanzte ich den Flohwalzer und trat doch nur in matterndes Messing. „Zu Füßen!“, schnauzte der Pöbel und langte nach den neunundneunzig Cent, die die Welt bedeutet hätten, hätte jener Depp sie erstanden, als sie, in weichen Tüll gewickelt, vor ihm in die Auslage schneuzte und ihre keusche Pracht auf das letztnovemberliche Pflaster reifte. Er jedoch vergriff sich und trug das Service nach Hause, pflanzte es ein am heimischen Herd und harrte der Röslein, die da dorrten.

Spät am Abend sprachen die Götter. Und sendeten sie vom Himmel, der für sein Entgegenkommen den Dank des Erdenkreises zu frischer Butter verrührte, eine Zahl. Scharten um sie eine Menge und schnitten sie mit dem Kern seines Bildes in dem Raum, den ihre Güte geradeso aufspannte, wie sie es für richtig hielt.

Der Raum hielt. Nicht an Versprechen dachte er dabei, sondern fügte sich still seiner Statik. Denn was holzgewordener Rippchen an seinem provisorischen Firmament prangte, säuselte sanft zu dem Brodem vergangener Kinder und ließ denjenigen einen guten Mann sein, der das wollte.

Ich wollte nicht einmal die gute Miene zum Mann, und doch reichte man mir das Testikel. Ich nahm hin und denn dachte, ich könnte das händeln. Die Verhandlung scheiterte mit meiner Hinnahme alles angedachten, und so werde ich meine Tage wieder auf den Markt tragen, auf dass die spitzen Zungen ihren Zeitwert geringschätzen.

Schon lechzen die neuen nach urbarer Sitte und sammeln beständig das Wort. Ward es Fleisch oder Fisch oder Weib und Gesang, die verbliebenen schrieben mit wütenden Fingern und wussten zum Ende nur eins : null.

Dienstag, 25. November 2008

staedteraten

schreiben wollte ich darueber schon laenger, nun habe ich einen anlass. mein ort ist vor kehl weitaus der schlimmste in deutschland, an dem ich je war. da musste ich naemlich immer durch, wenn ich nach amsterdam getrampt bin. wenn ich sicher in einem auto saß, fuehlte ich mich, als fuhren wir durch die hoelle, deren giftschwaden durch die lueftungsanlage zuengelten.

tankstellen, autohaeuser, sexshops, junk food laeden. geistermeile. und eine autobahn, die mitten durch den ort geht. mit buergersteigen und einer ampelschaltung, die jeden tag daran scheitert, das vierspurige desaster in geregelten bahnen zu halten.

ob die menschen an dieser straße noch spueren, wie ihre lebenserwartung dramatisch unter den bundesdurchschnitt sinkt? sie wirken ausgezehrt, krank, einsam und resigniert, wie sie um die fassaden streifen, an denen der straßenstaub jeden frischen putz besetzt. einmal bin ich mit einem innenstadtarchitekten aus dem benachbarten m. durch den stau gestanden, der schuettelte nur betreten den kopf und sprach lieber von halle, wo man nun der innenstadtversteppung entgegensaniert.

in der zuckerstadt klagen die anwohner nun seit 20 jahren erfolgreich gegen die umgehungsstraße, weil ihre grundstuecke betroffen waeren. so sieht jeder sich selbst, und die 40tonner rollen weiterhin durch das zentrum. aus england und holland kommt der halbe osteuropa transit da durch.

einmal stand ich auf dem mittelstreifen und kam 1 stunde lang nicht weg. es WAR die hoelle. ich schwitzte und fror und musste doch atmen. ich atmete den dreck und mein kopf tat mir weh. auch die rasenstuecke logen, sie waren tot und gruen. alles war aus gift, an dieser strecke.

zum hohn haelt dieser ort den kurstadtstatus und verweist auf seine therme. man muss dann abfahren aus dem stau durch das zentrum, das einer endlosen raststaette gleicht.

gruezi!

liebe schweizer!

ihr habt mit 11 von 18 der letzten besucher dieses blogs einen bedeutenden anteil an seinen lesern! ich freue mich darueber! wenn ihr moegt, koennt ihr mir ja ein bisschen swizerduitsch (oder wie man das schreibt) hinterlassen bei den kommentaren. zumindest aber wisst ihr nun, was das berghain ist...

grueßles! ruebe

p.s. grueßes nach togo!

Montag, 24. November 2008

traumtaenzer ich

am freitag bin ich so gegen 10 uhr morgens in der phase, wo einen der letzte traum ins tageslicht spuelt, mit der nationalhymne der ddr aufgewacht. im kopf. brutal laut und infernalisch (bambambam bambambam... denn es muss uns doch gelingen... die triolen).

ich wollt gar nicht drueber nachdenken, was der scheiß wieder sollte. interessant ist nur, dass ich den text gar nicht auswendig KANN und mein kopf da furchtbar improvisiert haben muss, gleichzeitig jenes areal bestechend, das die erinnerung an den richtigen text verwaltet.

manchmal wuerde ich meinen kopf gern zurueckbringen. mein naechster waere dann blond.

ach ja. wir waren am samstag im ... taeteraetae ... nasenstaub ... popoficker ... suendenpfuhl ... berghain!

hat ordentlich gerumst und ich hatte lange nicht sone geile party!

so kommt man da hin:
berghain_night

berghain_stairs berghain_stairs1 Berghain-bar berghain_system berghain_crowd

Berghain
und so geht man wieder raus. das bild gefaellt mir, es faengt das bauchgefuehl ein, das ich vor einem besuch immer kriege.

(fuer alle außerhalb berliner: das berghain ist vielleicht der beste, jedenfalls ein sehr aufregender club hier und die underground tuersteher lassen jeden normalotrottel rein und schicken jeden gestylten arsch nach hause! es klingt immer ein bisschen mysthisch, wenn jemand davon erzaehlt, denn es ist ein in jeder hinsicht extremer ort.)

Montag, 17. November 2008

ach gott

(dieser artikel wird etwas laenger, also nimm dir zeit dafuer.)


es gibt herrliche kirchenwitze, wie z.b.

- ich war heute mal in der kirche.
- und wie wars?
- spitze, zum schluss haben sie noch das geld rumgereicht. ich habe mir auch einen zehner genommen.

oder

- icke neulich inna kirche wa. seh ick een roochen.
- sach an. und?
- faellt mia dô glatt dit bia aus da hand.

der groeßte witz heißt alexander garth. er ist pfarrer der gemeinde, in der ich nun 5 sonntagsgottesdienste erlebt habe, aber zu seiner person spaeter mehr.

freundlicherweise beginnt sein gottesdienst um 18 uhr, das ist eine gesegnete zeit: die woche ist zuende, man hat den feiertag mal wieder nicht geheiligt, aber zumindest rumgebracht und fuehlt sich einfach leer. selbst partnerschaften haben sich nun ueber schlechtes hollywood hinaus nichts zu sagen, nehme ich an.

da findet sich dann eine quirlige menge junger jesusjuenger zusammen, um einen gottesdienst zu feiern. der ging gestern schonmal so los. jetzt kann man geteilter meinung sein ueber christrock, ich finde die texte auch so ne sache, aber die schlagzeugstimme zur einstimmung fetzt schon mal.

da versammeln sich dann also etwa 100 (sonntag abend in berlin!) leute so langsam in einer dachetage, die mit bar und lounge eher an ein hostel erinnert. gottesdienst mit tontechnik und VJ und band.

hab ich mir natuerlich auch gleich gedacht, ja, da wird dann das mikro rumgereicht, und jeder erzaehlt, wie gott ihn und nur ihn oder sie errettet oder mit wundern versehen hat. auf den ersten blick wars auch so. auf den zweiten aber ganz anders.

erstmal erinnert dort an einen gottesdienst nur noch der segen und das vaterunser. und die predigt, na dazu wollte ich spaeter kommen.

dann geht das alles so fließend, jeder packt irgendwas an und der gottesdienst wird vielmehr aus den leuten heraus gestaltet, als praesentiert. keine glocken, keine orgel, keine knistrigen omastimmchen. stattdessen abwechselnde moderatorenteams, die band mit staendig wechselnder besetzung, liedtexte vom beamer und gebete aus dem stehgreif. und hinterher an die bar.

intuitiv wehre ich mich immer gegen das beten. ich finde auch dieses heillose gerede von gott und jesus und den queraelen seiner zeit reichlich ueberbewertet. ich stell mir immer jesus wie chequevara ohne waffen vor, ein idealistischer revoluzzer mit einem untrueglichen gespuer fuer die menschen und einer gehoerigen portion nachsicht dazu. ich finde, man sollte die kirche im dorf lassen, wenn man solche geschichten erzaehlt.

und gott, na da muss ich wohl passen. meine arbeitshypothese ist, gott sei zur zeit die gesamtheit dessen, was die menschen und ihre gedanken verbindet. also auch mit sich selbst oder mit ihrem kuscheltier oder ihrem neuen benz. ich denke, dass gott eher ein dynamischer begriff fuer dinge ist, die man nicht versteht.

waere zu klaeren, ob gott weg, wenn mensch weg. ist nur nicht so einfach, wenn mensch weg. kann mensch nicht rausfinden, ob gott weg, wenn selbst weg. pech gehabt.

da zanken sich dann die kleriker jahrhundertelang, ob man dieses und jenes wissenschaftlich widerlegte nun abzwacken duerfe von ihrem runden gottesbild. ich glaube dementsprechend, gott ist so eine art virtuelle nullfolge, ein pragmatisches konstrukt, das thematisch schrumpft und in den verbleibenden fragen eine immer filigranere veraestelung offenbart. das ist eine sehr christliche denkweise, denn so eine nullfolge ist immerhin unendlich.

seit laengerem beschleicht mich aber auch die gewissheit, dass sich gott (dieses abstrakte menschenverbindungskonzept) dem versuch entzieht, sich fassen zu lassen. das heißt, je genauer man ihn und das leben in seinem namen hindefiniert, desto mehr schafft man eine momentaufnahme dieses lebens, die zeitlich starr ist und damit ihre dynamik einbueßt. wo zwar viel gott draufsteht, aber nur noch wenig drin ist.

mal angenommen, das wuerde grob so stimmen: wie zur hoelle koennte man dann seine auffassung von gott und der welt jemandem mitteilen, ohne das, was man mitteilen will, damit in dem maß aus der mitteilung zu loeschen, wie man sie praezisiert? also konkret, wenn ich hier großspurig von meinem gottesgespinst schreibe, wie kriege ich es hin, dass du leser das empfaengst, was christen wohl heiligen geist nennen, und nicht eine abfolge von gut gemeinten graphemeinheiten, oder alles in den falschen hals?

gute frage.

an dem punkt bewundere ich immer jenen philosophenhaufen, der ueber ein paar jahrtausende hinweg das zusammengeschmiert hat, was wir als bibel kennen. ich frage mich dann auch, ob das mit dem hoehlenfund der papyrosrollen etc nicht ein aufs feinste eingefaedeltes meisterstueck eines begnadeten menschenkenners darstellt, der die bibel mal eben nach dem fruehstueck geschrieben hat und ihre entstehung dann so verpackte, dass die leute sie nicht nach dem zweiten lesen als klopapier verwenden.

denn eins ist sicher: entgegen aller hartnaeckigsten zuwiderhandlungen und ausmerzversuche bestimmt die biblische moral selbst noch das denken der groeßten arschloecher unserer zeit. und da kann man die schwarte schuetteln, verbieten, verbrennen oder solange neu interpretieren, bis vor der hand das gegenteil drinsteht: was die apostel da zwischen die zeilen geklemmt haben, bleibt sich auf wundersame, wenn man will, goettliche weise, treu. nicht linientreu, aber im mittel. und die bibelzeilen selbst bilden so einen kaefig, der den gott dann zwar notwendigerweise in bestimmte grenzen zwingt, ihn aber darin nicht festlegt, also bibelintern seine dynamik erhaelt. so eine sinnvolle alltagstaugliche abschaetzung der groeße (oder dimension) gottes.

ich finde das eine gewaltige leistung, den gottesgedanken so zu fassen. und die gaengige bibeluebersetzung stinkend langweilig zu lesen. ich staune immer, wenn leute sagen, wie sie neulich das und das gelesen haben wollen und wie ergriffen sie gewesen seien, und dann schlage ich es nach und denke: und nu? selbst bei den ganz spannenden stellen, hiob oder kreuzigung, es sagt mir nicht mehr als die letzte erbschaftsteuerreform. in der ich auch nicht lese.

die bibel ist vielleicht kein buch zum lesen, sondern zum erzaehlen. die geschichten wollen da raus. wirbel machen. leute zu gott bringen. verkuendet das wort. so jedenfalls hoeren es die klerikalen gern. tatsaechlich klingen eindrucksvoll rezitierte stellen doch noch sehr lange im ohr.

na ja. ich bin so ein missionsmuffel. ich denke mir, dass ja, wenn mein gott ein zwischenmenschliches verbindungskonzept ist, eh schon jeder mit drinsteckt, ob er das nun so sieht oder nicht. den grundsaetzen der thermodynamik gehorcht ja schließlich auch jeder, kann er sich auf den kopf stellen und mit den beinen wackeln, satter wird er davon nicht. das muss ich ihm nicht predigen.

satt werden. von gott. christen koennen das. genau da packt mich naemlich der zweifel, dass ich mit meinem irgendwie mal zu beweisenden gotteszusammenhang was anfangen koennte, wenn ich ihn denn schwarz auf weiß praesentierte. ich hab das thema neulich mal aufgeschrieben und in den vorherigen beitrag gepackt. zusammenfassend glaube ich mittlerweile, dass ein definiertes bild von gott den verstaendnishunger eines menschen nicht stillt. wie gesagt, so gut wie man es auch meint, der geist verfluechtigt sich daraus und laesst nur die worthuelse uebrig, in die dann ein paar vagabundierende gedanken einziehen und sie zwecksentfremden, wenn man das gebaeude nicht ordentlich sichert.

ob gott einen zweck hat? den christen nach hat er immerhin was vor mit jedem von uns, der liebe wegen. alles aus liebe.

was mit denen sei, die keine liebe mehr spueren. grenzfaelle von psychopathologie, die sich die gottgeschichtenschreiber nicht hatten traeumen lassen. oder gerade doch?

ich weiß darueber nicht viel. nur, dass mein wochenende scheiße war. verdammt scheiße. und als ich abends in der gemeinde war, hab ich ein bisschen geweint. nur fuer mich. das faellt nicht so auf, der raum ist dunkel dort. es war auch nicht aus trauer, mehr aus innerer einsamkeit vielleicht. so ein befreiendes weinen. ich glaube, orte an denen man weinen kann, sind gute orte. man sagt ja auch, dass gott etwas mit gemeinschaft zu tun hat.

nein, ich bin ueberhaupt nicht der meinung, dass irgendwer zu gott kommen sollte, der darauf keine lust hat. so ein gepflegter atheismus ist mir weißgott sympathischer als dieses seelenheil versprengende missionsheldentum. und die formulierung „zu gott kommen“ kommt mir zu den ohren heraus. wer das beduerfnis in sich verspuert, seine spiritualitaet in ein bewussteres licht zu traenken, der mag unvoreingenommen die verschiedenen angebote gegeneinander abwaegen und sich sein seelenmuesli selber mixen. wenn er den mund dazu nicht aufkriegt, bleibt ihm der naehrwert dennoch verborgen.

so denkt man als moechtegerner aufgeklaerter mensch. das in dieser auffassung verborgenene konfliktpotential moechte man aber gern gesondert betrachten.

in punkto ueberzeugungskraft faellt mir so ein chinesisches sprichwort ein (die sorte, wo immer zitiert wird, wenn so ein selbsternannter wahrheitsfinder sich auf was ganz felsenfestes berufen will):

wer etwas weiß, verliert wenig worte; wer von nichts weiß, der redet viel.

das kommt fast ein bisschen selbstironisch an dieser stelle.

viel reden tut auch der alex. er verleiht damit seiner begeisterungsfaehigkeit ausdruck und pantscht alle moeglichen platitueden, halbwahrheiten, binsen und besenweisheiten und billigen witze in eine zwanzigminuetige darbietung, in der er den weltweit verordneten predigttext mit seinem sanften machoismus vereinbart, darauf hindeutend, dass er jederzeit zu mehr maennlichkeit faehig waere.

er provoziert. er weiß wie man provoziert. er luegt. er weiß, wie man luegt. er denunziert anwesende menschen. er ist zynisch und laeuft am anschlag seiner stresstoleranz. er genießt seinen erfolg und teilt ihn nur mit gott. und seine frau ist 20 jahre juenger als er. ich haette ihn bloßstellen und demuetigen wollen nach der ersten predigt, die ich hoerte. mittlerweile mag ich ihn sehr, denn am ende sagt er einiges mehr, als die gesamtheit seiner phrasen vermuten laesst.

sein erfolg liegt nicht in einem mittelmaeßigen bestseller und ein paar christlich-progressiven entwicklungskonferenzen im jahr. sein erfolg liegt darin, dass er eine gemeinde aufziehen kann, in der jeden sonnstag abend hundert leute ein ehrlich gutes gefuehl dabei haben, zusammenzusein. in der die leute mitarbeiten, weil sie sich als gleichberechtigter teil sehen. und die sich zu 50 prozent aus vorher konfessionslosen speist, das ist in berlin - ein großer erfolg.

nun, gestern ging es um das ewige leben, sie haben die predigtreihe gerade unter das motto „gibt’s doch gar nicht“ gestellt und hinterfragen darin so spukbilder wie den teufel oder die wunderheilungen christi, die ergebnisse klingen, wie zu erwarten, immer in die richtung, ja wer ist auch so bloed und glaubt diese verselbstaendigten maerchen, hier geht es um das bild und die botschaft fuer unsere leben.

in diesem zusammenhang, mein lieblingsgebot:

du sollst dir kein bildnis von mir machen.

mit 14 oder so entdeckte ich, dass so ziemlich 90 prozent der mir bekannten christen dagegen verstießen. neben ihren ueblichen verstoeßen. gleichzeitig nahm ich diese erkenntnis zum willkommenen anlass, meine mitchristen endlich begruendet zu verachten und erwehrte mich erfolglos der ahnung, dass da noch so ein eckchen an gott ist, welches der geist mueder christenlehrer nicht beleuchten konnte.

bei naeherer betrachtung oeffnete mir dieses gebot eine voellig neue sichtweise auf jene opas, die da in den hoehlen das pergament bekrakelt hatten: hatten sie am ende die voraussicht besessen, ihre schriebse vor den scharrenden schnaebeln der hier und jetzt gebliebenen zu bewahren? macht doch nichts einen dietrich so nachhaltig unbrauchbar, wie ihn einmal zu gravieren. vielleicht ist die bibel so ein gravurschutz um das, was wir immerzu gott nennen wollen?

vielleicht lernt ein glaeubiger, seinen graviertrieb in den griff zu kriegen, indem er einfach mal was glaubt, das nicht auf seinem mist gewachsen ist, das er nicht pruefen kann und von dem er nicht vorher weiß, was es bringt? und schafft damit so eine augenblicksromantik, die den augenblick in frieden laesst mit den sorgen der welt?

gestern jedenfalls ging es um die fluse ewiges leben. eine verhaeltnismaeßig unspektakulaere predigt, aber davor gab es diesen videoschnipsel:



ich habe echt geweint, aber nur mit dem linken auge. es war schoen.



p.s. allen, die bis hierhin durchgehalten haben, meinen dank. ich habe noch nie so einen langen beitrag veroeffentlicht, geschweige denn gelesen.

wer raketensilos in kirchtuerme integriert, hats mitunter schwer, die dinger im dorf zu behalten.

Es käme ein Schlauberger des Wegs, der würde sein Genie an die Gegensprechanlage schlagen und verkünden, wie die Gefühle maßlos überbewertet wurden in einer Zeit, da die Genusssucht die kühlen Köpfe dahinraffte. Ein zweiter würde Glück und Leid in eine objektivierbare Messgröße fassen und beweisen, dass, Gesetz der großen Zahlen, eine emotionale Erhaltungsgröße existiert, die als Summe über Liebe und Hass, Krieg und Frieden oder Glück und Leid geschrieben werden kann. Er würde nicht wagen, seinen Satz von der Liebeserhaltung Gott zu nennen, obschon er sicher sagen könnte, das beschriebene Prinzip sei in und um jeden empfindenden Menschen, es verbinde sie und quantifiziere die Dynamik der sozialen Interaktion: Wer nach Glück strebte, verursachte Leid, wer aufstieg, brachte den nächsten zu Fall und wer sich in den Mittelpunkt vorkämpfte, drängte wieder andere an den Rand.

Die Esoteriker brächen in Jubel aus, denn sie hätten diese Energie als erste gespürt. Vorbei die Zeit, in der sie ein Nischendasein führten, milde verkannt und schief belächelt. Nur noch eine Frage der Zeit war es, bis man mit der Geisteskraft Wasser kochte und die vereinigte Genomsequenz ins All hinaus funkte, auf dass die Menschenheit neu erstand, Lichtjahre entfernt, in einer besseren Welt. Wissenschaftler würden sich die bis an die Zähne ausfinanzierten Mäuler zerreißen über dem angebrochenen Denkzeitalter, die Philosophen kämmten ihre Geheimratsecken fortan in die entgegengesetzte Richtung und die Häupter der Gläubigen täten das ihre, um den Leib vor der feindlichen Strahlung zu schützen.

Behielte der Schlauberger Recht, so müsste seine Erhaltungsgröße am Ende der Welt ins Negative ausschlagen, um die Vorstöße jener Pioniere auszugleichen, die das gewonnene Wissen zum Wohl der Menschen anwenden wollten. Selbstloses Öl flösse auf die Mühlen derer, die da Gleichheit predigten, und das Heil läge nicht länger im Sieg von Gut über Böse, sondern im Augleich aller Spannungen der Welt.

Eines Tages träfe der Schlauberger, nun gebührlich anerkannt, gefragt und ausgezeichnet, zwischen den gestärkten Bettlaken eines Flughafenhotels das Nichts. Gedämpftes Licht schimmerte gegen das schwarze Fenster, unter dem sich die Lichterstreifen der Autobahn in die nahe Stadt ergossen, und er würde die Leere spüren, so unverhofft, wie er einst erkannt hatte, dass man die Grundannahmen der Physik auf geistige Phänomene übertragen konnte. Auf den folgenden Konferenzen nähme er an, sein progressiver Geist addiere sich mit den empfangenen Ehren zu Null, gedämpft oder gemittelt strebe sein Denken in jenes Kräftegleichgewicht, das er beschrieben hatte und das er demnach als Leere empfand. Doch tief in ihm fräße das Nichts die Größe, deren Existenz er bewiesen hatte.

Da klatschten sie ihm Beifall mit ihren artigen Ponys und hohen Stirnen, während sein Erhaltungssatz in die Schublade wanderte, zu den anderen, bis ihn ein findiger Tüftler zum Bau umweltfreundlicher Autos heranzöge. Was unter seinen freien Gedanken das Miteinander neu entfaltete, lag niedergeschrieben wie eine gestrandete Qualle auf dem Seziertisch und hauchte sein Leben aus.

Unwirklich erschiene dem Schlauberger die Welt, die er bis zu diesem Punkt als selbstverständlich erlebt hatte. Er würde ängstlich darauf verzichten, diese Entwicklung einer gigantischen Wissensunschärfe zu unterstellen, denn die Leere in ihm wüchse mit jeder neuen Bahn, die seine Gedanken brechen wollten. Ein dritter Schlauberger träte dankbar in seine Fußstapfen.

Freitag, 14. November 2008

voll daneben.

ich habe heute noch keine persoenlich relevante email bekommen und bin schon fast am durchdrehen. was das ueber mich aussagt ist ja dann klar... druff haengjeblieben.

Mittwoch, 12. November 2008

ausgleichende gerechtigkeit.

jetzt will ich auch mal was schoenes schreiben. die liebe sonne naemlich, die scheint in meinem neuen zimmer direkt auf mein kopfkissen. das zimmer hat also abgezogene dielen und morgensonne und ist so groß, dass man darin locker nen tanzkurs veranstalten koennte. und ist mit allem zusammen dann nicht mehr als 250 euros teuer. ich hatte noch nie so ein schoenes zimmer!

und meine mitbewohner: ich muesste heulen, um rueberzubringen, wie toll die sind. wir haben uns halt erst ohne wohnung gesucht und da hat man vielleicht noch ein schaerferes auge fuer das menschliche. das ist mehr eine familie und so schoen, dass es mich ein bisschen beaengstigt.

mein lieber mitbewohner scheint auch sein ohr am wetterfuehligen volk zu haben: gestern noch schrieb er dem tag eine verbraucht-deprimierende wirkung zu, heute morgen meinte er, "heute ist es besser. mit den menschen so, meine ich." da war er noch nicht draußen gewesen. also auch so einer, der viel denkt und nur die eisbergspitzen ausspricht. und ein hoffnungslos positiver fall dazu.

meine liebe mitbewohnerin ist nochmal eine sache fuer sich. beim kennenlern café cast habe ich kein wort mit ihr gesprochen, weil ich schon beim ersten blick wusste, dass sie es sein wuerde. ich hatte dann ein schlechtes gewissen wegen der anderen bewerber, die sich ja auch bemuehten, eine gute figur zu machen. deswegen habe ich nur mit denen gesprochen.

na die gewinnerin ist jedenfalls die charmanteste mitbewohnerin berlins und ist - wie koennte es anders sein - natuerlich vom gegenteil ueberzeugt.

uns drei verbindet so ein beduerfnis ueber dinge zu sprechen, die unseren mitmenschen nicht mehr als ein verstaendnisloses HAEH? abringen. z.b. die frage (DIE FRAGE), woher wir eigentlich wissen, dass ein anderer dasselbe rot sieht, wenn wir auf was rotes zeigen oder uns richtig nachempfindet, wenn wir ein gefuehl beschreiben, und wie sich solche wahrnehmungen wohl synchronisieren.

na ja. so kuechenphilosophie eben.

und ulkigerweise fand der mitbewohner die mitbewohnerin zu anfang nichtssagend, so dass ich ihr erstmal auf eigene verantwortung zugesagt habe. 1,5 monate spaeter hocken sie jetzt aufeinander wie geschwister.

ich freu mich!

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